(Indoor-)Gärtnerei der Zukunft

20.01.2021

An der FH Burgenland gedeihen Salatsprossen auf mehreren Etagen und sparen so Platz, Transportwege und Ressourcen. Hege und Pflege übernimmt dabei eine Künstliche Intelligenz. Im Projekt AgriTec 4.0 wird der Prototyp für eine gärtnerische Versorgungs-App entwickelt, mit der sich vertikales Indoor-Farming automatisieren lassen soll.

Wo Fläche begrenzt ist, bleibt nur der Weg nach oben. In einigen Großstädten wird vertikale Indoor-Landwirtschaft bereits erfolgreich praktiziert. Frisches Grün wächst dabei mit abgestimmter Beleuchtung und Bewässerung auf mehreren Etagen. Weil es in luftiger Höhe und auf unterschiedlichen Ebenen schwer ist den Überblick zu behalten, wird an der FH Burgenland mit Unterstützung aus dem IWB/EFRE-Programm der Prototyp einer smarten Indoor-Farming-App entwickelt, die die Betreuung unterstützt. Für Markus Tauber, Leiter des Studiengangs „Cloud Computing Engineering“, ist die „smarte Landwirtschaft“ ein interessanter Anwendungsfall: „Wir arbeiten mit der Natur selbst und versuchen, ihre Komplexität und vernetzte Unvorhersehbarkeit in einer kontrollierten Umgebung abzubilden und zu optimieren.“ Was die Menschen, die Pflanzen und die IT in der Gärtnerei der Zukunft brauchen, wird im EU-geförderten Projekt AgriTec 4.0 erforscht.

Kleines Grünzeug – hohe Ansprüche

Sie soll zuverlässig, ausfallsicher, vernetzt und automatisch arbeiten und bestes Pflanzenwachstum in einem abgeschlossenen System ermöglichen. „Unsere Versuchspflanzen sind Sprossen und Salate, deren Wurzeln in der Luft wachsen und mit Nährlösung besprüht werden. Diese Microgreens sind klein, haben aber hohe Ansprüche“, erklärt Tauber. Für gelingendes Wachstum und eine reiche Ernte brauchen die Pflänzchen veränderliche Dosen von Nährstoffen, Wind, Wasser und Licht – die jeweils richtige Menge zum richtigen Zeitpunkt –, sonst knicken, welken oder verkümmern sie.

"Indoor-Farming sollte ressourcensparender sein und mehr Ertrag pro Quadratmeter liefern, weil die Pflanzen in der kontrollierten und automatisierten Anlage weder zu viel noch zu wenig bekommen."
Markus Tauber, Leiter Forschungscenter für Cloud & CPS Security, Forschung Burgenland

Diese natürlichen Regelkreise gilt es zu messen, darauf abgestimmt zu reagieren oder einzugreifen. Dafür muss eine Vielzahl von Sensoren z.B. für Wärmebilder, Temperatur, Luftfeuchte oder Bilderkennung zusammenarbeiten. Außerdem braucht es eine Künstliche Intelligenz (KI), um diese Faktoren aufeinander abzustimmen. Die KI sollte selbst erkennen, wann der beste Zeitpunkt für Wind ist, oder ob es einen Befall gibt.

Mehr Ertrag mit weniger Ressourcen

„Diese Routine-Operationen werden über die Informationen der verschiedenen Sensoren automatisch optimiert. Die Datenverarbeitung und die Berechnungen brauchen flexible Rechnerkapazitäten, die über die Cloud zur Verfügung gestellt werden. Security und Safety sind im Fall der Produktion von Lebensmitteln natürlich von Anfang an zu berücksichtigen“, erklärt der Experte. Als Forschungspartner im Projekt konnten das Austrian Institute of Technology (AIT), die TU Wien und die Firma PhytonIQ gewonnen werden, die eine Versuchsanlage mit zwei Ebenen zu Verfügung gestellt hat. Der schwarze Kubus steht auf dem FH-Gelände in Eisenstadt und hat eine Produktionsfläche von rund sieben Quadratmetern. Erste Bepflanzungsversuche und die Datensammlung haben bereits begonnen.

Akzeptanz und Vertrauen in Technologie schaffen

„Als Techniker können wir alles bauen“, betont Tauber, „aber um zu wissen wie es Akzeptanz finden kann, wird das Projekt sozialwissenschaftlich begleitet. Das ist für mich ein großer Mehrwert.“ Elke Szalai, Spezialistin für die Themen Gesellschaft und Technik, IT und Gender-Studies an der FH Burgenland, ergänzt: „Aus der Technikfolgenabschätzung wissen wir, dass Akzeptanz und Vertrauen in technische Anwendungen für ihre breite Nutzung wesentlich sind, also wird das am besten schon in der Entwicklung mitgedacht.“

An der Schnittstelle von Landwirtschaft und Künstlicher Intelligenz arbeiten die Forschenden unter anderem mit sogenannten „Personas“, die mögliche Vorstellungen von künftigen Nutzerinnen und Nutzern, deren Wissen, Rollenverständnis, aber auch Ängste abbilden. Aktuell wird strukturiert erfasst, welches Wissen in die App eingepflegt werden soll hinsichtlich der Frage: Wie würden Landwirt oder Landwirtin am Feld handeln und was davon könnte man künftig dem System überlassen?

Projektträger:

Forschung Burgenland GmbH
Campus 1
7000 Eisenstadt

Gefördert wurde:

Kosten für externe Dienstleistungen, interne Personalkosten für einen zusätzlichen F&E-Arbeitsplatz

Förderstelle:

Regionalmanagement Burgenland (RMB)

 

Förderziel:

Entwicklung eines Cloud-basierenden Prototypen für Smart-/Indoor-Farming Applikationen

Projektzeitraum:

August 2018 - Juli 2021

Investitionsvolumen:

ca. 900.000 Euro

Fördermaßnahme:

M02 – Überbetriebliche F&E-Projekte, Verbundprojekte und Transferkompetenzen

ÖROK/APA-Fotoservice/Tesarek

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