Nachhaltige Start-ups: Wissen, wie man es richtig macht

03.11.2020

Ein Unternehmen zu gründen, wird immer beliebter. Schon nach wenigen Jahren ist aber oft wieder Schluss mit der Selbstständigkeit. Um die Gefahr des Scheiterns zu minimieren und einen nachhaltigen Geschäftserfolg zu sichern, braucht es gerade in der Anfangsphase viel Know-how. Das konnten sich angehende Entrepreneure durch das Projekt „Start-up Modul“ der Wirtschaftsagentur Wien aneignen – mit überzeugenden Auswirkungen.

Foto von Valerie Wolff in ihrem Start-up "VELLO Bike"

Start-Up "VELLO Bike", Gründerin Valerie Wolff

„Drei Jahre nach der Gründung bestehen 90 Prozent der Unternehmen, die von uns betreut wurden, noch. Im statistischen Durchschnitt sind es nur rund 70 Prozent“, verweist Projektleiterin Gabriele Tatzberger auf die deutlich höhere Überlebenswahrscheinlichkeit. Das kommt auch der Wiener Wirtschaft zugute, gelten Start-ups doch als Innovations- und Wachstumstreiber, die zahlreiche Arbeitsplätze schaffen.

Erreicht wurde das durch ein mehrstufiges Konzept. Im Vordergrund stand ein niederschwelliges Angebot mit sehr praxisorientierten Informationen und Schulungen. „Denn egal, welchen Hintergrund man hat, in den wenigsten Fällen weiß man, wie man gründet“, so Tatzberger. In Orientierungsgesprächen wird abgeklärt, wo die Person steht, also ob es beispielsweise schon einen Businessplan gibt. Abhängig von den Bedürfnissen werden dann weitere konkrete Maßnahmen vorgeschlagen.

Coaching für die Gründerinnen und Gründer

Das können beispielsweise grundlegende Workshops (Wie gründe ich eigentlich? Worauf muss ich aufpassen?) sein oder auch eintägige, sehr praxisorientierte Veranstaltungen zu Themen wie Marketing, Finanzierung oder Recht im Rahmen einer „Start-up-Academy“. Hier werden rund 100 Workshops im Jahr mit jeweils maximal 15 Teilnehmerinnen und Teilnehmern durchgeführt. „Vertiefende Coaching-Angebote gibt es für jene, die schon einen gewissen Reifegrad haben. Dabei arbeiten wir mit einem Pool externer Expertinnen und Experten, die sich in Einzelstunden mit den Gründern zusammensetzen und ihre Fragen beantworten“, erklärt Tatzberger.

Nach einem Hands-on-Workshop könnten die TeilnehmerInnen in die Praxis starten oder auch zur Erkenntnis kommen, dass da noch mehr Know-how und vielleicht auch weiterführende, kostenpflichtige Kurse notwendig sind. „Orientierung, erste Infos und dann hat man eine Entscheidungsgrundlage. Einerseits geht es darum, dass vorab die richtigen Fragen gestellt werden, bevor man sich in ein Abenteuer stürzt, das nicht gut durchdacht ist. Andererseits darum, dass jene, die wirklich gründen, auch nachhaltiger gründen“, so die Leiterin des über das Förderprogramm IWB/EFRE finanzierten Projekts.

Fokus auf benachteiligte Zielgruppen

Berücksichtigt wurden in dem Projekt auch die besonderen Spezifika der Wiener Wirtschaft. Konkret hat die Wirtschaftsagentur Wien drei Kernzielgruppen definiert, deren überdurchschnittlich ausgeprägtes Unternehmertum von großer Bedeutung für den Wirtschaftsstandort ist. „Wir haben einen Fokus auf benachteiligte Zielgruppen – wie Migrant Enterprises, Frauen oder die neuen Selbstständigen, die ja kaum betreut werden“, sagt Tatzberger. Coachings gibt es beispielsweise in 17 verschiedenen Sprachen, weil speziell die Zielgruppe von Personen mit Migrationshintergrund eine gewisse kulturelle Übersetzung brauche.

Durch diese Spezialisierung erhöhe sich auch die Qualität der Gründungen. „So können wir auch die Wirtschaft in Wien stärken, indem wir mehr, bessere und nachhaltigere Unternehmensgründungen haben, die dann im besten Fall auch wachsen. Das Feedback unserer Förderabteilung ist, dass die Entrepreneure, die von uns begleitet wurden, auch bessere Anträge stellen. Das setzt sich dann fort und hat positive Effekte, wenn man investiert, um die Qualität zu heben“, ist Tatzberger überzeugt. Das zeige sich auch an der gestiegenen Überlebensdauer der Unternehmen.

„Es ist schön, die Leute zu befähigen. Sie kommen mit einer wagen Idee und ein Jahr später haben sie eine tolle Firma“
Gabriele Tatzberger, Projektleiterin bei der Wirtschaftsagentur Wien

Von den Angeboten der Wirtschaftsagentur Wien profitiert hat beispielsweise auch das im Jahr 2017 gegründete Unternehmen VELLO Bike. Es entwickelt und produziert unter anderem extrem leichte, selbstladende Elektro-Falträder und wurde inzwischen mit mehreren renommierten Design-Preisen ausgezeichnet. „Wenn einem beim Start die Erfahrung fehlt, ist Unterstützung sehr wichtig. Wie baut man den Vertrieb auf? Welche Margen bietet man den Händlern an? Wie gestaltet man die Preise für seine Produkte? Was braucht es für die Internationalisierung? Um ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen, braucht es Antworten auf diese Fragen“, sagt Mitgründerin Valerie Wolff. Die spannenden und informativen Workshops seien dafür eine gute Grundlage gewesen.

Bewegende Rückmeldungen

Neben den beeindruckenden Ergebnissen durch das „Start-up Modul“-Projekt ist für Tatzberger auch das persönliche Feedback der Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine tolle Motivation. Ein Faktor sei dabei unterschätzt worden: „Für uns ist – gerade in der Academy – die Wissensvermittlung im Vordergrund gestanden. Aber die Vernetzung, also mit 15 anderen Personen in einem Raum zu sitzen, die auch über dieselben Fragen nachdenken, dieselben Ängste haben, dieselben Überlegungen wälzen und sich darüber auszutauschen, war ein ganz wesentlicher Pluspunkt für die Teilnehmer.“

Von großer Bedeutung sei bei dem Projekt die Förderung im Rahmen des Programms IWB/EFRE gewesen. „Ohne diese Mittel könnten wir das in diesem Ausmaß sicher nicht beziehungsweise nicht kostenlos anbieten. Das ist ein wesentlicher Motivator. Entweder würden wir das gar nicht machen oder stark reduziert oder gegen Entgelt. Die EU-Mittel sind ein ganz wichtiger Impulsgeber für diese Aktivitäten. Denn alle externen Leistungen, also die Trainer und Coaches, die Personalkosten, die Veranstaltungen, das ist alles zu 50 Prozent EFRE-finanziert. Und da kommt schon etwas zusammen.“

Projektträger:

Wirtschaftsagentur Wien
Mariahilfer Straße 20
1070 Wien

Was wurde gefördert:

Personalkosten und Drittkosten für Beratungs- und Weiterbildungsangebote für GründerInnen im Rahmen des "Start-up Modul".

Förderstelle:

Amt der Wiener Landesregierung - Magistratsabteilung 27 - Europäische Angelegenheiten

Förderziele:

Beratung von 50 Unternehmen, für ein nachhaltiges und langfristiges Bestehen von Neugründungen, mit besonderem Fokus auf der Zielgruppe Frauen und MigrantInnen.

Projektzeitraum:

Februar 2015 - Juni 2019

Investitionsvolumen:

ca. 2,4 Mio. Euro

Fördermaßnahme:

M07 - Unterstützungsmaßnahmen für Gründungen

Fotos: ÖROK/APA-Fotoservice/Tesarek

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