Innerbetrieblich funktionieren ERP-Systeme (Enterprise Resource Planning) schon sehr gut. Die betriebswirtschaftliche Software fasst die Prozesse in Bereichen wie Logistik, Buchhaltung, Kostenrechnung oder Warenwirtschaftssysteme in einer Lösung zusammen. Sozusagen „von außen“ sind die Systeme aber schwer erreichbar. „Wenn Firma A mit Firma B zusammenarbeiten will, gibt es meist einen sehr komplexen Schnittstellenprozess, weil die Prozessketten nicht über die Unternehmensgrenzen hinausgehen. Da liegt das große Problem dieser Systeme, egal ob sie SAP, Microsoft oder Ramsauer & Stürmer heißen“, beschreibt Geschäftsführer Markus Neumayr die Ausgangslage.
In der Praxis sieht das dann so aus: „Ein Unternehmen bestellt etwas bei einer anderen Firma. Die erfasst in ihrem eigenen System diesen Beschaffungsprozess und macht einen Liefer- und einen Rechnungslegungsprozess daraus. In der Regel sind das alles manuelle Schritte“, so der Experte. Aus dieser Problemlage entstand das Projekt „ERP4Cloud“. Hier versucht man nun, eine offene Welt zu schaffen, die es den Betrieben ermöglicht, diese Prozessketten zu automatisieren. „Permanente Schnittstellenprogrammierungen, die extrem kostenintensiv und im Grunde nur für sehr große Unternehmen leistbar sind, sollen damit der Vergangenheit angehören“, erklärt Neumayr.
Liefertermin sofort einsehbar
„ERP4Cloud“ wird von der Europäischen Union mit IWB/EFRE-Mitteln unterstützt und bietet mehrere Vorteile: Erstens bekommt man schnellere und bessere Informationen von seinen Lieferketten. „Ich schreibe eine Bestellung und das System gegenüber meldet mir sofort den Liefertermin. Außerdem kann gleich auf die Bestandsdaten zugegriffen werden. Ich weiß also viel schneller, ob und wann mit diesem Produkt in welcher Qualität zu rechnen ist“, streicht Neumayr hervor. Das sei bei einem Beschaffungsprozess der Knackpunkt und ermögliche es, die Wertschöpfungskette zu optimieren – Stichwort „Just in Time“.
Zweitens braucht es dadurch weniger technisches Personal – im Zeitalter des Fachkräftemangels ein wichtiger Aspekt. „Daten, die man jetzt manuell in die Systeme einpflegen muss, erhält man dann automatisiert. Das ist ähnlich wie beim SEPA-Standard bei den Banken, wo die Überweisung von A nach B standardisiert wurde“, erklärt der Geschäftsführer eines der größten privaten österreichischen Software- und Beratungsunternehmen. Aktuell wird das System in einem Pilotprojekt mit der Fachhochschule Salzburg getestet. Das Produkt soll in den Jahren 2022/2023 marktreif sein.
Mitbewerb muss überzeugt werden
Dabei gibt es aber noch einige Hürden zu überwinden. „Die Schwierigkeit wird sein, die anderen ERP-Hersteller zur Öffnung der Systeme zu bewegen“, so der Experte. Die globalen Player müssten hier mitmachen, ohne Konkurrenzdenken entstehen zu lassen. Eine Idee ist, mit klar definierten Prozessketten – etwa für Beschaffung, Rechnungslegung und Lagerinformationen – zu beginnen. „Wenn es uns gelingt, über die Kunden Druck aufzubauen, ähnlich wie wir es bei der elektronischen Rechnungslegung erleben, dann bekommt das die notwendige Dynamik. So könnten wir die anderen Hersteller Schritt für Schritt von unserer Idee überzeugen“, beschreibt Neumayr.
Da das Unternehmen mit Zentrale in Bergheim bei Salzburg auf den globalen Markt fokussiert ist, steht es wirklichen Marktgiganten gegenüber. Durch die Förderungen über EFRE-Mittel „können wir aber mit viel Kraft in solche Projekte hineingehen. Außerdem ist die Informationstechnologie sehr schnelllebig, da brauchen wir eine hohe Dynamik, um bestehen zu können“, sagt Neumayr. Die Europäische Union steuert 40 Prozent der Gesamtkosten des Vorhabens von rund 5,58 Mio. Euro bei. Ramsauer & Stürmer Software beschäftigt derzeit 138 Personen, im Rahmen des Projekts werden zwei bis drei Personen pro Jahr neu angestellt.