Die Bilanz in Zahlen klingt jedenfalls beeindruckend: eine Bruttowertschöpfung von 880 Mio. Euro in Niederösterreich im Jahr 2018, rund 10.800 direkt oder indirekt beschäftigte Personen, 320 Projekte sowie 70 Ansiedlungen und Neugründungen. Dass dieser Erfolg nicht von ungefähr kommt, betont Claus Zeppelzauer, der bei ecoplus, der Wirtschaftsagentur des Landes Niederösterreich, für die strategische Steuerung des Technopol-Programms zuständig ist. Denn hinter diesen „wunderschönen Zahlen“ steckt viel Arbeit.
Begonnen hat alles im Jahr 2004. „Man hat sich angesehen, wo es Standorte gibt, an denen schon Forschung und Entwicklung betrieben wird und wo Unternehmen mit einer spezifischen Ausrichtung und dazu passende Bildungseinrichtungen existieren. Im Rahmen der Analyse haben sich drei Standorte herauskristallisiert. Das waren Krems, Tulln und Wiener Neustadt“, so Zeppelzauer. Im Jahr 2008 wurde schließlich auch in Wieselburg ein Technologiezentrum errichtet und zu einem Technopol ausgebaut.
Technopol-Manager sind Tausendsassa
Maßgeblicher Motor der erfolgreichen Entwicklung sind die Technopol-Manager, die über das Förderprogramm IWB/EFRE finanziert werden. Sie entwickeln Projekte, sind für die Gewinnung von Partnern aus Forschung, Lehre und Wirtschaft ebenso zuständig wie für die Öffentlichkeitsarbeit und kümmern sich um internationale Kooperationen. Oftmals eine Herkules-Aufgabe:
„Es geht darum, die Leute zu überzeugen, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen. Am Anfang sind wir da auf etwas Skepsis getroffen. Aber in Tulln wurden beispielsweise innerhalb kürzester Zeit große Infrastrukturprojekte auf den Weg gebracht“
DI Claus Zeppelzauer, ecoplus, Bereichsleiter Unternehmen & Technologie
Was ein guter Technopol-Manager sonst noch mitbringen soll? „Auf alle Fälle Geduld und man muss mit den unterschiedlichsten Menschen zurechtkommen – vom Laboranten bis zum Generaldirektor eines Konzerns. Bei den heterogenen Sichtweisen ist der Technopol-Manager Übersetzer und Moderator, um die Projekte voranzubringen. Da muss man das Gemeinsame herausarbeiten“, spricht der Experte aus Erfahrung, war doch Zeppelzauer selbst einst in dieser Funktion tätig. Wichtig ist auch, dass die Manager aus dem jeweiligen Bereich kommen, um als Experten wahrgenommen zu werden: „Meine Kollegin in Tulln, Angelika Weiler, ist beispielsweise Biotechnologin. Sie hat ein umfassendes Basiswissen, das für die Entwicklung des Standorts notwendig ist.“
Neue Niederlassung ist die Krönung
Ein Technopol-Manager muss in der Lage sein, gemeinsam mit Forschungsinstitutionen und Unternehmen Projekte zu entwickeln, die thematisch zum Schwerpunkt des jeweiligen Standorts passen. Dazu ist es notwendig, sowohl regionale als auch überregionale Partner an einen Tisch zu bringen und im Idealfall auch eine Finanzierung aufzustellen, also Landes- oder Bundesförderungen sowie EU-Mittel. Als Krönung gilt, wenn eine Niederlassung am jeweiligen Standort eröffnet wird. „Ein schönes Beispiel ist die Ansiedlung einer Forschungseinheit des Leuchtenherstellers ZKW aus Wieselburg, die in Wiener Neustadt auf die grüne Wiese gestellt wurde, weil man die Nähe zu den dortigen Forschungsinstitutionen als enormen Mehrwert empfunden hat“, so Zeppelzauer.
Er sieht die Technopol-Manager als eine Art Vertrauensperson, „die bei Problemen der erste Ansprechpartner ist und Themen über die verschiedensten Kanäle weiterentwickelt. Sie agieren als Botschafter des Standorts“. Im Rahmen der IWB/EFRE-Förderung werden sämtliche Personalkosten der vier Technopol-Manager sowie Kosten für Infrastruktur, externe Beratungsaufträge und Marketingaktivitäten übernommen – insgesamt 5,86 Mio. Euro an EU-Mitteln über die Projektlaufzeit (2015 bis 2020). „Das ermöglicht eine nachhaltige Entwicklung. Wichtig ist, dass das Land Niederösterreich ein Team zur Verfügung hat, das vor Ort ist und gemeinsam mit den unterschiedlichsten Institutionen den Standort weiterentwickelt“, erklärt Zeppelzauer.
Mehr als 1.000 F&E-Mitarbeitende in Tulln
Quasi ein Vorzeige-Technopol ist der Standort Tulln unter der Leitung von Angelika Weiler. Mit mehr als 1.000 Arbeitsplätzen im Bereich Forschung & Entwicklung ist man hier vor allem auf Agrar- und Umweltbiotechnologien spezialisiert. Bei Mykotoxinen, wobei es um krebserregende Schimmelpilzgifte geht, gilt das Technopol überhaupt als internationales Vorzeige-Forschungszentrum. So stammt der weltweit meistzitierte Forscher in diesem Bereich aus Tulln.
Klar ist: Das Technopol-Programm hat wesentlich dazu beigetragen, dass Niederösterreich heute als renommierter Forschungs- und Technologiestandort international anerkannt ist und die regionale Wertschöpfungskette deutlich gestärkt wurde. Daraus sind auch viele nachhaltige und zum großen Teil hochqualifizierte Arbeitsplätze hervorgegangen. Nicht zu vergessen: Neben der Finanzierung der Technopol-Manager flossen in den vergangenen Jahren auch viele EU-Mittel in Infrastrukturprojekte, etwa Spezialimmobilien mit Laborausstattung, ohne die eine vergleichbare Entwicklung nicht möglich gewesen wäre. Diese Erfolgsgeschichte soll fortgeschrieben werden: „Die Grundausrichtung bleibt, aber wir gehen eher weg von kleineren hin zu Projekten mit einer noch größeren Strahlkraft“, weist Zeppelzauer auf die zunehmende Bedeutung der internationalen Vernetzung hin.