Wissen sammeln für nachhaltige Wasserwirtschaft an der Donau
Ein weltweit einzigartiges Wasserbaulabor an der Donau, mit einer Durchflussmenge von 10.000 Liter pro Sekunde ohne Pumpen geflutet, ermöglicht es der Universität für Bodenkultur, die dynamischen Verhältnisse in Flüssen im Maßstab 1:1 zu erforschen. Das Projekt verspricht wesentliche Aufschlüsse für ein nachhaltiges Wassermanagement und wurde mit Mitteln aus dem Europäischen Regionalfonds und nationalen Kofinanzierungen gefördert.
Der Kontext
Flüsse sind die Lebensadern der Landschaft und die meisten menschlichen Siedlungen befinden sich an diesen, verbunden mit allen Nutzungsmöglichkeiten für Schifffahrt, Trinkwasser, Energiewirtschaft, Freizeit, aber auch mit Gefahren. Viele Zusammenhänge zwischen dem Transport von Wasser und Feststoffen, der Morphologie von Flüssen, der Ökologie und den Auswirkungen von flussbaulichen Maßnahmen sind unklar. Trotz der steigenden Möglichkeiten, mit numerischen Modellen Aussagen zu bestimmten Problemstellungen zu erhalten, sind viele Bereiche nur oder ergänzend durch physikalische Modellversuche zu bearbeiten. Dabei spielt der Modellmaßstab eine entscheidende Rolle. Je größer dieser ist, desto wirklichkeitsnähere Ergebnisse sind zu erwarten. Somit werden sogar 1:1 Versuche angestrebt, die aber nur bei ausreichendem Labordurchfluss möglich sind. Das Wasserbaulabor am Brigittenauer Sporn erfüllt mit einem Durchfluss von 10.000 Liter pro Sekunde, der ohne Pumpen erreicht wird, alle Voraussetzungen, solche Versuche im Naturmaßstab durchführen zu können und damit wissenschaftliche Grundlagen für nachhaltige Maßnahmen an der Donau oder an anderen Flüssen zu schaffen.
Das Projekt
Im Rahmen des Projekts wird ein 100 Meter langer und 25 Meter breiter Kanal errichtet, der aus dem schon seit 2014 bestehenden Forschungsgerinne der Universität für Bodenkultur zwischen Donau und Donaukanal mit einer maximalen Wassertiefe von drei Metern und einer Durchflussmenge von 10.000 Liter pro Sekunde geflutet wird. Damit ist es möglich, mit natürlichem Zufluss Versuche auch im Maßstab 1:1 umzusetzen. Das Projekt verknüpft Indoor-, Outdoor- und Virtual Stream Labs, indem Laborrinnen und Modelle sowohl im Gebäude selbst als auch im Freien betrieben werden können und in Wechselwirkung mit Computermodellen auch als Hybridmodelle fungieren.
Durch die Verbesserung des Prozessverständnisses im Rahmen von physikalischen Modellversuchen ist die Entwicklung von numerischen Computermodellen möglich – damit ergibt sich eine sinnvolle Erweiterung der Laboraktivitäten. Mit den Ergebnissen werden wissenschaftliche Grundlagen für Lösungen zu drängende Fragen des Flussmanagements geschaffen: Wie kann bei der Wasserkraftnutzung die Stauraumverlandung reduziert werden? Wie sichert man der Schifffahrt die nötige Fahrwassertiefe? Welche Rückhaltebecken braucht es im Hochwasserrisikomanagement? Wie kann das Ökosystem durch Uferrückbau und Gewässervernetzung gestärkt werden?
DIE PERSPEKTIVE DES PROJEKTLEITERS
„Für mich persönlich wird mit dem Projekt ein Traum wahr“, erklärt Projektleiter Univ.-Prof. Helmut Habersack von der Universität für Bodenkultur. „Das Wasserbaulabor ermöglicht die Erforschung von Prozessen und Entwicklung von nachhaltigen Maßnahmen, die zu Win-Win Lösungen führen. Die Donau gibt es nur als Ganzes und damit müssen die Nutzung und der Schutz dieses Flusses integral betrachtet werden.“
Die Idee, dieses einzigartige Labor zu errichten, verfolgte Habersack schon seit 2010. Denn Naturmessungen in der Donau hätten die Grenzen der Modellierung am Computer aufgezeigt: „Formeln, etwa zur Berechnung des Sedimenttransportes, sind häufig nicht ausreichend und wurden an sehr kleinen Modellen entwickelt. Es wurde klar, dass nur über größere Maßstäbe, wenn möglich 1:1, Fortschritte erzielt werden können, die dann Innovationen für die Praxis liefern. Die Vision des Projekts ist, durch verbessertes Prozessverständnis aus großmaßstäblichen Versuchen zu einer nachhaltigeren Entwicklung der Flüsse zu führen“. Als Teil des EUSDR Flagship Projekts DREAM (Danube River Research and Management) trage das Wasserbaulabor im Donauraum insgesamt zu einer Stärkung der Forschungsinfrastruktur bei.
Die Wirkung in der Region
Das Projekt bedeutet zunächst eine Stärkung des Forschungs- und Wirtschaftsstandorts von Wien im Verbund mit Niederösterreich. Im Endausbau werden mit dem Wasserbaulabor unmittelbar bis zu 100 Arbeitsplätze verbunden sein. Die Zahl der eingebundenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wird noch weit höher erwartet. Es entsteht ein Hub für Innovationen, für Erfinderinnen und Erfinder und für internationale Forschungskooperationen im Wasserbau.
Langfristig werden die Forschungsergebnisse Beiträge zur Klimawandelanpassung in den Bereichen Hochwasserrisikomanagement, Dürrerisikomanagement, Nachhaltige Wasserkraft, Schifffahrt und Ökosystemleistungen bringen. Daraus ergeben sich wichtige Aufschlüsse zu Maßnahmen, die die Funktionalität der Donau – aber auch anderer Flusssysteme – als wesentlichem Faktor für nachhaltige regionale Entwicklung verbessern werden.
Der Mehrwert eines EU-Projektes
Helmut Habersack: „Ohne EU-Förderung und die nationale Kofinanzierung wäre die Errichtung des Wasserbaulabors nicht durchführbar gewesen. Dass es dabei möglich wurde, eine Infrastruktur mit EU-Projekten in vier Programmen und mit nationaler Kofinanzierung von vier Ministerien und zwei Ländern zu fördern, ist bisher EU-weit einzigartig und erforderte viele innovative Ansätze und Vorschläge. Dafür gebührt allen Partnern Dank.“
Fact Box
Projekttitel | DREAM RRMC VIENNA (Wasserbaulabor) |
Förderprogramm | IWB/EFRE Österreich 2014-2020 (Wien, Niederösterreich) |
Prioritätsachse | P4 – Nachhaltige Stadtentwicklung |
Kurzbeschreibung | Errichtung einer Forschungsinfrastruktur bestehend aus einem modernen Wasserbaulabor (RRMC) Am Brigittenauer Sporn 3,1200 Wien, mit einem weltweit einzigartigen Labordurchfluss von bis zu 10 m3/s ohne Pumpen |
Gesamtinvestition | 45.077.000 Euro |
EFRE-Förderung | 9.826.867 Euro |
Projektstart | 23/06/2017 |
Projektende | 31/12/2022 |
Förderstelle | Amt d. Wiener Landesregierung, MA 27 - Europäische Angelegenheiten |
Weitere Finanzgeber | BMLFUW - Sektion IV, BMVIT - Abt. III/14, BMBWF - Standortpolitik, Amt d. NÖ LReg. - Abt. K3, Wien - MA 45, sowie mehrere grenzüberschreitende EU-Programme |
Projektträger | Universität für Bodenkultur Wien |
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